Paderborn (cpd). Als Kind erlebte er Gewalt, konnte kein Vertrauen aufbauen, wurde traumatisiert. Als Jugendlicher ist er aggressiv und bindungsgestört, wird vom Jugendamt aus der Familie herausgenommen, fordert mit seinem Verhalten Lehrer und Erzieher heraus: Jugendliche wie Luka stellen eine besondere Herausforderung für die Jugendhilfe dar. Wenn sie dann mit ihrem Verhalten auch noch die Möglichkeiten der „normalen“ Jugendhilfe überfordern, ist der Weg zum „Systemsprenger“ nicht mehr weit.
Die Zahl der Jugendlichen mit besonders herausforderndem Verhalten steigt, hat Paul Krane-Naumann festgestellt, Geschäftsführer der Diözesanen Arbeitsgemeinschaft „Erziehungs- und Familienhilfen im Erzbistum Paderborn“ beim Diözesan-Caritasverband Paderborn. Doch: „Je schwieriger die Jugendlichen sind, desto schwieriger ist es, einen Platz für sie zu finden.“ Denn darauf spezialisierte Einrichtungen, wie sie von einzelnen der 30 katholischen Träger im Erzbistum unterhalten werden, sind selten. „Da kommen Anfragen aus dem ganzen Bundesgebiet“, weiß Krane-Naumann.
Doch den kommunalen Spitzenverbänden in Nordrhein-Westfalen sind die vergleichsweise aufwendigen und teuren Intensivangebote für Jugendliche mit herausforderndem Verhalten ein Dorn im Auge. Schon 2012 kündigten sie deshalb den Rahmenvertrag in der Jugendhilfe NRW. Seitdem fehlen landesweit abgestimmte Standards bei den Verhandlungen, die jeweils vor Ort mit dem für den Träger zuständigen Jugendamt geführt werden müssen. Aufgrund der Vielzahl der 186 Jugendämter in Nordrhein-Westfalen ergibt sich so ein großer Flickenteppich von unterschiedlichen Bedingungen. Im letzten Jahr hatten die kommunalen Spitzenverbände die Freie Wohlfahrtspflege zu neuen Verhandlungen aufgefordert. Nach einigen Vorgesprächen wird nun wieder über einen neuen Rahmenvertrag in der Jugendhilfe verhandelt. „Ob es zu einem Abschluss kommen wird, ist noch unklar“, sagt Krane-Naumann. „Zu weit lagen die Positionen in der Vergangenheit auseinander.“
Die 30 Träger von stationären Einrichtungen der Erziehungshilfe im Erzbistum Paderborn, die fast 2400 Plätze anbieten, haben sich deshalb auf ein Positionspapier geeinigt. Gemeinsam rufen sie die kommunalen Spitzenverbände zur Verständigung auf. Nur so sei eine vergleichbare Qualität in der pädagogischen Arbeit in NRW zu leisten, betont Krane-Naumann. „Das Angebot darf schließlich in Paderborn nicht schlechter sein als in Münster oder Aachen.“
Berücksichtigt werden müsse auch, dass durch neue gesetzliche Auflagen sowie den Fachkräftemangel neue finanzielle Belastungen auf die Träger zugekommen seien, sagt Paul Krane-Naumann. „Es kann ja nicht sein, dass der Gesetzgeber höhere Anforderungen stellt und deren Erfüllung dann nicht bezahlen will.“
Kinder und Jugendliche mit herausforderndem Verhalten dürften nicht aufgegeben werden. Den meisten könne mit Intensivangeboten geholfen werden, ist Krane-Naumann sicher. „Alles ist besser, als Menschen aufzugeben. Kinder wie Luka können mit einer individuell auf sie abgestimmten Förderung und einer intensiven Betreuung durch Fachkräfte auf einen guten Weg zu einer selbstständigen Teilhabe gebracht werden.“
Foto: cpd / Reinhard Westermillies